Vorwort
Im April 2004
wurde von den Organisatoren des geplanten Sensen-Symposiums an Dr. Otto Fleiß (von der Steirischen
Gesellschaft für Wirbelsäulenforschung) das Anliegen herangebracht, den
Bewegungsablauf beim Mähen zu dokumentieren und den Einfluss auf den Körper zu
analysieren.
( Als Professor
für Bewegungslehre an der Universität Graz hat sich Dr. Fleiß auf die Belastung
der Wirbelsäule bei der Arbeit und bei sportlichen Tätigkeiten
spezialisiert).
Zum Zweck dieser
Studie wurden 4 Mäher ausgewählt, die verschiedene Mähtechniken anwenden und
mit verschiedenen Sensen mähten. Die Bewegungsabläufe wurden von der Seite, von
vorne und hinten und von oben mit Video und Fotosequenzen aufgezeichnet. Die
Ergebnisse wurden von Dr. Fleiß beim Symposium präsentiert und bestätigten
meine Überzeugung, dass beim optimalen Mähen keine ungünstige Belastung auf die
Wirbelsäule wirkt und dass die Mähbewegung sogar als therapeutische Maßnahme
eingesetzt werden könnte.
Am Ende des
Festivals wurden noch verschiedene Techniken des Mähens aufgezeichnet (unter
anderem die eines Mitglieds des Österreichischen Nationalteams im Mähen) und es
ist zu hoffen, dass die Ergebnisse der Bewegungsanalysen im Internet abrufbar
sein werden.
Als einer der
Initial-Gruppe wurde ich noch im April gefragt, ob ich nicht einen kurzen
Bericht schreiben würde, der die Hintergründe für meine etwas unorthodoxe
Mähtechnik erklären sollte. Nun liegt dieser etwas ausführliche Bericht vor,
der keinen Anspruch auf eine professionelle Bewegungsanalyse stellen soll
sondern eher eine Beschreibung eines Landwirtes ist über das was er tut und
warum er es tut.
Peter Vido, 3.
Jänner 2005
Die
Technik des Mähens mit starker Seitbewegung, deutlicher Gewichtsverlagerung und
rhythmischem Rotationsschwung
Bevor ich auf die
Interpretation meiner Mähtechnik eingehe, möchte ich mit der Zusammenfassung
beginnen, die Dr. Fleiß anlässlich des Symposiums in Molln präsentiert hat:
1. Ein Hauptmerkmal der Mähbewegung von Peter
Vido ist die deutliche
Seitbewegung.
2. Bei Beginn und am Ende der Schnittbewegung
wird der Oberkörper bis über das jeweilige Stützbein verlagert – daraus
entsteht eine verstärkte seitliche Gewichtsverlagerung.
3. Durch die große Schrittbreite (ca 75 cm) und
die Seitbewegung des Oberkörpers wird mit der langen Sense (Wiesensense) eine
Schnittbreite von ca. 290 cm erreicht.
4. Die erhöhte Schnittbreite ist gekoppelt mit
einer verlängerten Schwungzeit (ca. 1.3 sec für den Schnittschwung und 1.4 sec
für den Rückschwung).
5. Die Dynamik der Schwungbewegung ergibt sich
aus der Rotation des Oberkörpers, der Seitbewegung des Körpers, der Beinarbeit
(Beugen und Strecken der Beine) und dem ausgewogenen Bewegungsrhythmus.
6. Die kontinuierliche Aktivität der Rücken- und
Bauchmuskulatur stabilisiert die Wirbelsäule. Bei geringer Oberkörpervorlage
und zusammen mit leichten Wirbelsäulenbewegungen stellt die Kräftigung der
Rücken- und Bauchmuskulatur einen Präventivfaktor gegen Wirbelsäulenprobleme
dar.
7. Durch die Ausnützung der Schwungbewegung
können Arm- und Schultermuskulatur relativ entspannt bleiben.
8. Voraussetzung für die entspannte
Arm-Schulterpartie sind sowohl eine optimal ausbalancierte Sense als auch
optimal geformte und angepasste Griffe.
9. Der zeitlich verlängerte Schwung unterstützt
eine langsamere und tiefere Atemtätigkeit.
Abb.
1: Beginn der Schnittbewegung. Der Oberkörper ist über dem Stützbein rechts,
das linke Bein ist entlastet und wird nach vor bewegt.
Abb.
2: Nach der Auflösung der Oberkörpertorsion, welche die erste Schnittphase
unterstützt, wird die weitere
Schnittbewegung durch die Seitbewegung des Körpers und der „Beinarbeit“
unterstützt. Die breite Schrittstellung ermöglicht die große Schnittbreite und
das weite seitliche Schwingen des Körpers.
Abb.3:Am
Ende der Schnittbewegung ist der Oberkörper über dem linken Stützbein, durch
das weite Ausschwingen der Sense erfolgt eine deutliche Rotation des
Oberkörpers, dessen Auflösung die Rückbewegung einleitet. Das rechte Bein ist
völlig entlastet und wird mit Beginn der Rückbewegung der Sense nach vor
aufgesetzt.
Abb.4: Die
Aufnahme von oben zeigt ein Merkmal der „Schwungtechnik“ Peter Vidos: das weite
Rückschwingen der Sense am Ende der Rückschwungbewegung bewirkt eine Torsion
des Schultergürtels zur Becken- bzw. Fußachse. Die daraus entstehende
Vorspannung in Muskeln, Sehnen, Gelenken usw. unterstützt den Beginn der
Schnittbewegung. Am Ende der Schnittbewegung erfolgt wiederum eine Rotation des
Oberkörpers, wodurch die Vorspannung für die Rückbewegung der Sense aufgebaut
wird.
Abb.5: Für das
entspannte Schwingen der Sense darf keine Verspannung in der Hand- und
Armmuskulatur entstehen. Eine gut ausbalancierte Sense und speziell gestaltete
Griffe sind die Voraussetzungen dazu.
Die stabilisierte
Wirbelsäule mit einer relativ aufrechten Körperhaltung zielt auf die Idee des
Rückentrainings durch Mähen.
(soweit die
Zusammenfassung vom Vortrag Dr. Fleiß)
Es gibt unzählige
Referenzen in der Literatur – in Prosa, Gedichten und
Liedern aus vielen Kulturen -, die darauf hinweisen, dass eine gute
Sense der Kategorie jener Werkzeuge zugeordnet wird, deren Gebrauch sowohl körperlich als auch geistig als
Therapie genützt werden kann. In der Tat wurde das Mähen vielfach mit Tanzen
verglichen.
Um als Physiotherapie
zu wirken, muss die Bewegung jedoch derart ausgeführt werden, dass der Körper
sich in einer möglichst angenehmen Körperposition befindet (und den Mäher in
die Lage versetzen, seine verfügbare Energie bestmöglich einzusetzen).
Einige der
traditionellen Mähstile erfüllen diese Forderung, viele jedoch nicht. Gewisse
Kombinationen von Wurf und Sense erzwingen eine stärkere Oberkörpervorlage, als
es für die Wirbelsäule günstig ist. Außerdem wird die Sense vielfach
ausschließlich von einem Arm „angetrieben“ – was sowohl beim leichten
Mähen als auch beim intensiven Mähen erfolgen kann.
Die Landbevölkerung,
ausgestattet mit einer kräftigen Konstitution, hat diese Belastungen
augenscheinlich als unausweichlich akzeptiert, vielleicht auch deshalb, weil
das Mähen, verglichen mit anderen bäuerlichen Arbeiten, eine eher leichte
Tätigkeit war. (Ein alter Österreichischer hat mir sogar erzählt, dass „ein Mann fähig sein sollte sich
beim Mähen zu erholen“).
Als Farmer habe ich
selbst dieses wunderbare Arbeitsgerät anfangs für rein praktische Zwecke
verwendet, das Potential als „Medizin“ hat meine Aufmerksamkeit jedoch von
Anfang an gefesselt. Nach einem Unfall, bei dem meine rechte Schulter und das
rechte Handgelenke verletzt wurden, konnte ich für längere Zeit nicht in der
gewohnten Technik mähen. Es wäre angebracht gewesen, eine „linkshändige“ Sense
zu verwenden, aber damals wusste ich nicht, dass es diese gab.
Ich wurde mich mit
drei Themenbereichen konfrontiert, mit denen sich viele Mäher
auseinandersetzen:
1. das Gerät wird zuerst einmal entworfen und
danach an den Mäher angepasst (Längeneinstellungen, Schärfe usw.)
2. der Mäher setzt die Antriebskraft seines Körpers in seiner wirkungsvollsten
Weise ein,
3. unter Berücksichtigung der Punkte 1 und 2 und
besonders unter der Bedingung, dass das Gerät für längere Zeit eingesetzt wird,
sollte sich der Mäher angenehm und wohl fühlen.
Je mehr ich unter
Berücksichtigung dieser drei Gesichtspunkte mähte, desto mehr schien es mir vom
Standpunkt der Ergonomie aus, dass die konventionelle Mähtechnik verbessert
werden könnte.
Zum Beispiel: wenn man die Kraft der Beine einsetzt,
um die Sense - teilweise durch Verlagerung des Körpergewichts - von einer Seite
auf die andere anzutreiben, dann reduziert sich der Kraftaufwand der Arme
signifikant und sie ermüden nicht so schnell. Schultern und Nacken können
ebenfalls entspannter bleiben und die Bewegung fühlt sich besser ausbalanciert
an.
Die Mähtechnik, die
ich weiter unten beschreibe, entwickelte sich langsam, während ich zwei Ziele
verfolgte:
1. die Kraftanstrengung so gleichmäßig wie
möglich über den ganzen Körper zu verteilen und
2. die Bewegung optimal mit meiner bevorzugten
Atemfrequenz zu synchronisieren.
Was ich als
Bewegungszyklus oder als die Mähbewegung bezeichne, besteht aus zwei Phasen:
der Schnittbewegung (das Sensenblatt bewegt sich vorwärts) und der
Rückhohlbewegung (das Sensenblatt bewegt sich zur Ausgangsposition zurück).
Wenn die Bewegung
beginnt (1. Bild), ist das Gewicht des Mädchens hauptsächlich auf dem rechten
Bein, welches zu diesem Zeitpunkt auch gebeugt ist. Sie lehnt sich leicht nach
rechts wobei das Sensenblatt auf der Erde aufliegt.
Zum Zeitpunkt, wenn
die Schnittbewegung – also die erste Bewegungsphase – beendet ist,
befindet sich das Gewicht auf dem linken Bein, welches nun gebeugt ist. Der
rechte Fuß, der nun unbelastet ist, bewegt (schiebt) sich nach vor und zwar so
weit, wie es der jeweiligen Schnitttiefe entspricht, z.B. 10 – 20 cm.
Bei einem
leichten Schnitt mit einem
scharfen 90 cm Blatt kann der Vortrieb 30 cm oder mehr betragen.
Beachten Sie, dass
die Seitwärtsbewegung des Mädchens nach beiden Seiten (Bild 1-4) nicht über die
bequem breite Kniestellung hinausgeht.
In Bild 5 hat sie
soeben die Rückbewegung beendet und ihre linke Ferse ist leicht abgehoben, wenn
sie zum Vorwärtsschritt ansetzt. Ihr Nacken, Rücken und Unterschenkel haben fast dieselbe
Neigung. Dies ist eine Haltung, welche die Wirbelsäule nicht belastet (und ist
sehr ähnlich einer der Grundpositionen im Tai-chi).
In geringem Maße wird
ihr Körper die gesamte Zeit über durch den Kontakt des Blattes mit dem Boden
unterstützt, da das Sensenblatt immer in Berührung mit dem Boden bleibt - in beiden Phasen des Schwunges.
Beim Rückschwung wird
nur das Sensenende leicht angehoben – um die Reibung mit dem Boden zu
verringern und um eingefangenes Gras freizugeben – wird jedoch wieder
flach aufgesetzt, bevor der Vorwärtsschwung beginnt.
Bei der
traditionellen Mähtechnik wird das gesamte Sensenblatt bei der Rückbewegung
abgehoben und ist daher auch noch vor dem Schnittbeginn leicht angehoben.
Daraus ergibt sich, wie ich annehme, eine höhere Geschwindigkeit bei der
Schnittbewegung. Obwohl dies stimmen mag, so ist die zusätzlich benötigte Energie
für das Abheben der Sense doch größer als der Vorteil der höheren
Schnittgeschwindigkeit, insbesondere wenn es um den therapeutischen Aspekt
geht.
Bei einer Stunde
Wiesenmähen werden ungefähr 1200 bis 1500 Schnittbewegungen durchgeführt. Eine
durchschnittliche Sense wiegt zwischen 1.5 bis 1.8 kg. Bei einer Stunde Mähen
summiert sich dies auf mehr als 2 Tonnen. Ich halte daher die flache
Sensenführung ohne Abheben für die günstigere Mähtechnik.
Die damit verbundene
„Gewichtsverlagerungstechnik“ reicht für die notwendige Antriebskraft aus und
ist ergonomisch günstiger.
Außerdem kommt es in
jedem Teil der gesamten Bewegung zu einer teilweisen Körperverdrehung, welche
eine Wirkung vergleichbar mit einer Sprungfeder hat:
Eine Antriebskraft
von kinetischer Energie wird aufgebaut und kurzfristig in Muskeln und Sehnen
gespeichert. Die Bewegung in die Gegenrichtung setzt die gespeicherte Energie
frei und beschleunigt die Sense, ohne den Körper ungünstig zu belasten. Schon
diese Gegenrotation allein ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, die Wirbelsäule
beweglich zu erhalten und stellt einen weiteren Beitrag zur allgemeinen
Gesundheitsförderung durch das Mähen dar.
Manchmal werde ich
gefragt, ob die seitliche Gewichtsverlagerung zu einer Überbelastung der Knie
führen könnte oder ob bei schmerzhaften Kniegelenken ein aktiver Knieeinsatz
nicht möglich wäre.
Tatsächlich drücke
ich mich nur geringfügig mit den Knien ab. Natürlich müssen sie gebeugt und
gestreckt werden, aber darüber hinaus spielen sie nur im Bewegungsrhythmus mit.
Es gibt auch keine seitliche Überbelastung, da ich die Bewegung nur bis über
die Zehen führe und nicht darüber hinaus. Anders ausgedrückt: in der
Endstellung führt eine gedachte Linie von der Hüfte über die Knie bis zu den
Zehen. Auch spielt sich die oben
besprochene Rotationsbewegung hauptsächlich im Oberkörper ab und hat kaum
Auswirkungen auf die Kniegelenke.
Die Frage ist daher:
woher kommt die Gewichtsverlagerung? Die einfache Antwort ist: von den Muskeln
der Unterschenkeln und der Oberschenkeln.
Aber es gibt noch
eine Erklärungsmöglichkeit.
Die
Gewichtsverlagerung beginnt in der Vorstellung. Dann setzt der Fuß auf. Immer
dann, wenn beschleunigende Kraft benötigt wird, wird der Fuß fest auf den Boden
aufgesetzt. Obwohl die Füße nur einen geringen muskulären Beitrag leisten,
können sie den Energiestrom dirigieren. Wenn mein Geist gesammelt ist, dann
kann ich diese Energie durch meine Fußsohlen einatmen und damit die seitliche
Gewichtsverlagerung auslösen. Wenn ich mit den Gedanken „irgendwo“ bin, kann
ich diese frei angebotene Lebenskraft nicht nützen und muss mich auf die reine
Muskelkraft verlassen. Der Unterschied ist augenscheinlich – ich ermüde
rascher und vermisse das mögliche Glücksgefühl.
Zurück zur
ursprünglichen Frage nach der Kniebelastung: - ich bin überzeugt, dass der Mähstil, den ich hier
beschreibe, eher eine physiotherapeutische Wirkung auf die Kniegelenke hat als
eine Belastung darstellt. Auch ich hatte mehrere Jahre mit Knieproblemen zu
tun. Weitere Informationen dazu finden Sie unter Anmerkung 1.
Wenn wir uns einer
anstrengenden rhythmischen Tätigkeit unterziehen, dann ist es ganz natürlich,
dass wir unsere Atmung auf die Bewegung abstimmen. So atmet das Mädchen in Bild
1-3 (bei der Schnittbewegung) aus und beim Rückschwung (Bild 4) atmet es ein.
Dies ist ein
natürlicher Vorgang, und jeder Mäher, unabhängig davon, welchen Mähstil er
anwendet, wird bei langen rhythmischen Mähbewegungen die Ausatmung mit der
Schnittbewegung synchronisieren.
In die Diskussion
über die Mähtechnik ist ein weiteres Konzept integriert, welches die
orientalische Medizin schon lange hervorgehoben hat: dass, je langsamer und
tiefer jemand atmet, umso größer der therapeutische Effekt zu bewerten ist. Der
wesentliche Punkt dabei ist, dass der Atem uns nicht nur mit Sauerstoff
versorgt, sondern auch der Träger des Chi ist. (Anmerkung 2)
Während
unterbrochener Perioden in den letzten 35 Jahren meines Lebens habe ich
verschiedene gesundheitsorientierte Techniken aus dem fernen Osten ausprobiert
und ich habe keine Zweifel bezüglich ihrer Wirksamkeit. Analogien zwischen
einigen Disziplinen (besonders Tai-chi) und der Kunst des Mähens werden
deutlich. Die oben besprochene Art und Weise, wie die Kraftentfaltung bei der
Gewichtsverlagerung entsteht, ist eine davon.
Wenn man jedoch
versuchen würde, in einer ausgewachsenen Wiese so langsam zu mähen, wie es
einer klassischen Tai-chi Bewegung entspricht, dann würde es wohl kaum zu einem
Mäherfolg kommen. Der Grund ist einfach: um effektiv Gras zu schneiden, ist
eine Minimalgeschwindigkeit notwendig, unter der das Sensenblatt einfach nicht
schneidet.
Trotzdem habe ich
versucht, das Mähen mit Meditation zu vereinbaren und mein erstes Bestreben war
es, meine Atemrate zu verlangsamen.
Die traditionelle
Mähbreite schwankt zwischen 1.5 m und 2.2 m und die Mäher benötigen 0.9 sec
oder weniger für eine Mähbewegung. Indem ich mit Hilfe der Seitverlagerung die
Mähbreite auf 2.8 bis 2.9 m verbreitere, kann ich tiefer und langsamer atmen.
Abhängig von den Grasverhältnissen atme ich 1.1 bis 1.3 sec aus
(Schnittbewegung) und 1.3 bis 1.5 sec ein (Rückschwungbewegung). Dies ist für
mich angenehmer, wenn ich im Freien bin, um zu mähen und nicht um zu
meditieren.
„Nicht alles, was
glänzt, ist Gold“
Ein britischer
Journalist, der meinen Mähstil während des Sensenfestival in Österreich sah,
bezeichnete ihn in einem Artikel
als „äußerst wirkungsvoll“. Ich fühlte mich veranlasst, ihn zu korrigieren,
indem ich vorschlug, dass „energiesparend“ oder „gut zum Körper“ besser passen
würden.
Eine kurze
Zusammenfassung der besprochenen Richtlinien scheint notwendig:
Erstens: das Ziel,
eine besonders große Mähbreite zu erzielen, ist nicht immer vorteilhaft oder
erstrebenswert und auch nicht besonders effizient. Alles hängt von den
individuellen Parametern (der Leistungsfähigkeit) ab. Die Mähtechnik, die hier
besprochen wird, kann kaum gewürdigt werden, wenn es nur darum geht, Grass zu
mähen und wenn der Mäher Energie sparen soll. Wenn z.B. ein starker Mann einen
2 m breiten Streifen mäht und die Sense hauptsächlich mit dem Oberkörper
bewegt, dann kann er unter gewissen Umständen (s. Anmerkung 3) genau so viel
oder mehr in einer gewissen Zeit mähen wie ich mit meiner 2.9 m breiten
Mähbewegung, jedoch wird er sich mehr anstrengen müssen als ich.
Selbst wenn wir den
therapeutischen Aspekt nicht berücksichtigen, bin ich sicher, dass weder ich
noch meine Frau oder meine Kinder soviel mähen könnten, wenn wir eine der
traditionellen Mähtechniken verwendeten die ich kenne (wir würden einfach
früher müde werden).
Die weite Mähbewegung
ist auch völlig unbrauchbar für die kurzzeitlichen Mähwettbewerbe, bei denen
Geschwindigkeit eher als energiebewahrende Technik eine wesentliche Rolle
spielen.
Unser Freund Tony
Beeler (ein Schweitzer Landwirt, der auch einmal Landesmeister im Mähen war)
sagt gerne „ein guter Mäher kann mit jeder Sense mähen und ein schlechter mit
keiner“.
Irgendwie hat er
recht. Ich habe ihn gesehen, wie er dies demonstriert hat, indem er mit
Sensenwürfen, die sowohl viel zu lang für ihn waren als auch so kurz, dass sie
für einen 10 jährigen Jungen gepasst hätten, außergewöhnlich gut gemäht hat.
Aber nur wenige sind
wie Tom ...und um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen, sollte der Wurf
spezielle Maße haben, abhängig sowohl von der Körpergröße des Mähers als auch
vom Gelände, welches gemäht wird.
Außerdem sollte ein
ernsthafter Mäher, der die Sense für verschiedene Aufgaben einsetzt, zumindest
zwei aufgabenspezifische Sensen einsetzten. Da es dafür keine speziellen
Fachausdrücke gibt, verwende ich den Ausdruck „Wiesensense“ (field scythe) und
„Gartensense“ (trimming scythe).
Die Wiesensense mit
einem längeren Blatt und einem längeren Wurf eignet sich besser für die Arbeit
in Bereichen, wo es keine Beschränkungen für die Mähbreite gibt (kann auch ein
weitläufiger Obstgarten sein oder ein Rasen). Für den Bewegungsstil mit dem
tieferen und eher meditativen Atmen, der oben besprochen wurde, ist dies die
bevorzugte Sensenart.
Die Gartensense ist
dann sinnvoll, wenn Hindernisse oder die Gegebenheiten des Terrains die
Mähbreite limitieren und einen unterschiedlichen Mähstil und ein sich dauernd
veränderndes Bewegungsmuster erzwingen. Die Gartensense im Vergleich zur
Wiesensense sollte ein kürzeres Sensenblatt haben und einen kürzeren Wurf. Wenn
ich viel an steileren Hängen mähen müsste, würde ich zusätzlich einen
speziellen Wurf dafür benützen, aber grundsätzlich reichen die beiden
besprochenen Sensen als „Basismodelle“ aus.
Der Referenzpunkt für meine Richtlinie, mit
der wir einen individuell angepassten Wurf festlegen können, ist das
Hüftgelenk, über dem der Oberkörper während des Mähens rotiert. Den Abstand
zwischen dem Hüftgelenk und dem Boden bezeichne ich als „A“ (Diagramm 1).
Diagramm 1
Trotz der
Unterschiede in den individuellen Körperproportionen glaube ich, dass der
rechte (untere) Handgriff einer Gartensense in der Höhe des Hüftgelenkes sein
sollte, wenn die Sense wie abgebildet in Diagramm 1 mit fixiertem Sensenblatt
senkrecht neben dem Mäher aufgestellt wird. Bei der Wiesensense sollte der
Griff zumindest 5 cm über dem Hüftgelenk sein. (Bei der Bestimmung der
Abmessungen des Wurfes sollten jene Schuhe getragen werden, mit denen gemäht
wird, der Unterschied kann einige cm bedeuten.)
Den Abstand vom
unteren Griff bis zum unteren Ende der Sense bezeichnen wir mit A1 für die
Gartensense und mit A2 für die Wiesensense. Den Abstand zwischen den beiden
Griffen benenne wir mit B1 und B2. B1 sollte der Abstand vom Ellbogen des Mähers
bis zu den Fingerspitzen der ausgestreckten Hand sein – auch als Elle
bezeichnet. B2 sollte 5 bis 10 cm länger sein.
Es gibt zwei Details,
die eine ergonomischere Arbeit ermöglichen, wenn sie im Design des Wurfes
berücksichtigt werden, und die es mir auch erlauben, in einer entspannteren Art
und Weise zu mähen:
1. ein verstärktes (oder zusätzliches) Holz am
oberen Teil des Wurfes (um ein Gegengewicht zum Sensenblatt zu haben und damit
das gesamte Gerät besser auszubalancieren),
2. die Form der Griffe und der Winkel, in dem sie
auf dem Wurf montiert sind.
(Die Griffe sind in einer optimalen Form nicht rund sondern oval und
der Montagewinkel beträgt nicht 90 Grad sondern ist geringer).
Außerdem sollte der Griff derart gebaut sein, dass der Daumen auf dem
Griff ruht und zum Balancieren der Sense eingesetzt werden kann.
(wird fortgesetzt)